‚DIE BADENDEN‘ VON KIRCHNER
Erinnerungen eines bedeutenden Künstlers an seine unbeschwerte Zeit auf Fehmarn
Von Taunusstein nach Fehmarn:
Kirchners monumentale Wandbilder von 1916 im Königsteiner Sanatorium konnten in Originalgröße rekonstruiert und auf Fehmarn dauerhaft installiert werden.
Filmtheater Burg (Außenwand)
Breite Straße 13a, 23769 Burg auf Fehmarn
Foto: T. Danklefsen / VORANWERK
Erleben Sie Kirchners Badende
im virtuellen Raum!
Der TH Aschaffenburg gelang im Auftrag des KirchnerHAUSes Aschaffenburgdie Rekonstruktion des Originalzustands des Brunnenturms aus den 1920er Jahren als 3D-Modell. Mehr zum Projekt unter kirchner-kubus.de.
Originalfarbfotografien der Königsteiner Badenden des „Großherzoglich Luxemburgischen Hofphotographen“ Franz Schilling.
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, digitale Überarbeitungund Farbanpassung Technische Hochschule Aschaffenburg 2021.
Kirchners Paradies – die Ostseeinsel Fehmarn
„Ich habe dort Bilder gemalt von absoluter Reife“. Diese Zeilen schrieb einst Ernst Ludwig Kirchner über seine Sommeraufenthalte auf der Ostseeinsel Fehmarn. Und an diese Zeit erinnerte er sich Jahre später, als der Künstler „Die Badenden“ als Wandgemäldezyklus imSanatorium Dr. Kohnstamm in Taunusstein gestaltete.
Ernst Ludwig Kirchner, am 6. Mai 1880 in Aschaffenburg geborener Maler, Grafiker, Bildhauer und Fotograf sowie einer der einflussreichsten Expressionisten des frühen 20. Jahrhunderts besuchtedie Ostseeinsel Fehmarn 1908 das erste Mal.
Es folgten weitere Sommeraufenthalte auf der Insel in den Jahren 1912, 1913 und 1914, nun mit Partnerin Erna Schilling. In diesen Jahren wohnten beide am etwa 10km von Burg entfernten Leuchtturm Staberhuk im Südosten der Insel.
Umgeben von bizarr- schroffer Küstenlandschaft mit seinen Steilufern und menschenleeren Stränden fand Ernst Ludwig Kirchner dort genau das vor, was er seinerzeit suchte – sein „imaginäres, irdisches Paradies“.
1914 erfolgte Kirchners letzter Aufenthalt auf Fehmarn. In diesem Jahr reisten er und Erna Schilling, wie wir heute wissen, erst Anfang Juli an. Doch der Ausbruch des 1. Weltkriegs Anfang August 1914 forderte für beide einen sofortigen Abbruch ihres Insel-Aufenthaltes. Fehmarn wurde zum Seekriegsgebiet und alle hier nicht wohnhaft gemeldete Personen mussten die Insel rasch verlassen.
Um einem Fronteinsatz im Krieg zu entgehen, meldete sich Kirchner 1915 zum Militär als „unfreiwillig Freiwilliger“. Doch die Konfrontation mit den Grausamkeiten der Kriegsgeschehnisse konnte der „Freigeist“ Ernst Ludwig Kirchner nicht verarbeiten. Noch während seiner militärischen Ausbildung kam es zum völligen Zusammenbruch seiner Psyche. Ein erster Sanatoriumsaufenthalt zum Jahresende 1915 bei Dr. Oskar Kohnstamm in Königstein im Taunus waren die Folge. Da der Arzt sehr kunstaffin war und ganz genau wusste, welche Persönlichkeit sich da in seinem Sanatorium behandeln ließ, gab es wahrscheinlich schon während diesem ersten Aufenthalt Ideen zu einer Wandmalerei.
Ein monumentales Werk entsteht – Kirchners Wandgemäldezyklus
Es gehörte zur Therapie von Dr. Kohnstamm, dass sich Kirchner an die schönste Zeit mit den für ihn positivsten Erlebnissen seines Lebens erinnern möge, um diese dann als Wandgemälde zu gestalten. Und die wohl glücklichsten Momente im Leben Kirchners waren die unbeschwerten Sommeraufenthalte auf der Ostseeinsel
Fehmarn. „Ich will die Luft und das Leben am Meere in Fehmarn
darin zum Ausdruck bringen“ so schrieb Kirchner an seinen Förderer Carl Hagmann, bevor er mit seiner Arbeit begann.
In etwa sechs Wochen entstanden insgesamt fünf Wandmalereien, die zwei Größten mit einer Höhe von über vier Metern, eben „KIRCHNERS BADENDE“. Darauf zu sehen badende Menschen, unbeschwert und nackt inmitten der Natur sowie frei von irgendwelchen Zwängen. Friedlich, ja gar spielerisch in den Ostseewellen bewegend und eins sein mit Flora und Fauna. So entstand 1916 ein monumentales Werk der expressionistischen Kunst Kirchners, ein absoluter Meilenstein der Kunstgeschichte.
Der Direktor des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, Max
Sauerlandt, ein großer Befürworter expressionistischer Kunst, beauftragte 1926 den Fotografen Franz Schilling, Kirchners Wandgemäldezyklus im Sanatorium Königstein farbig zu fotografieren. Der Fotograf Schilling, zu seiner Zeit ein angesehener Könner seines Fachs, fertigte daraufhin Farbfotografien mit „Lumiére“-Glasplattenpositiven an. Diese Technik war damals Mitte der 1920er Jahre die einzige Möglichkeit, überhaupt Farbbilder fotografisch zu erhalten. Diese Farbpositive von 1926 wurden nun erstmal im Depot des Museums für Kunst- und Gewerbe in Hamburg eingelagert und sollten für über ein Dreivierteljahrhundert in Vergessenheit geraten.
Ernst Ludwig Kirchners aquarellierte Entwurfsskizze der in der NS-Zeit zerstörten Wandgemälde der „Badenden“ im Sanatorium Dr. Kohnstamm in Königstein im Taunus, 1916
Aquarell über Bleistift auf chamois Zeichenkarton, 35 x 41 cm, Privatbesitz
© Foto: Werner Henke, Aschaffenburg 2021
Über die Zeit auf Fehmarn schreibt Kirchner:
„ … hier lernte ich die letzte Einheit von Mensch und Natur zu gestalten und malte Bilder von absoluter Reife.“
Fotorealistische Rekonstruktion des Originalzustands durch 3D-Integration der farblich rekonstruierten Wandgemälde Kirchners, 2021
© Technische Hochschule Aschaffenburg
„Entartete Kunst“ – Die Nationalsozialisten
zerstören den Wandzyklus
1937 wurden neben anderen Künstlern auch Kirchners Werke von den Nationalsozialisten, die in der Zwischenzeit seit 1933 in Deutschland die Macht ergriffen hatten, als „Entartete Kunst“ erklärt. Ernst Ludwig Kirchner wurde unter anderem aus der „Preußischen Akademie der Künste“ ausgeschlossen und 639 seiner Werke aus deutschen Museen entfernt.
1938 wurde das seit 1917 von dem jüdischen Arzt Dr. Spinak weiter-geführte Sanatorium in Königstein von den Nationalsozialisten
geschlossen. Vermutlich noch im selben Jahr wurden Kirchners Wandgemälde unwiederbringlich vernichtet. Nähere Umstände
der Zerstörung bleiben allerdings bis heute ungeklärt.
Mitte der 1970er Jahre begannen im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Sondierungen alter Fotografien. Vieles hatte man kurz nach dem 2. Weltkrieg nur notdürftig in Depots verstaut und sollte nun geordnet archiviert werden. Dabei stieß man, dem Zufall sei Dank, auf die Farbaufnahmen von 1926. Aber erst 2004, also gut 78 Jahre später, wurden die wiederentdeckten Glas-Diapositive von Dr. David Klemm publiziert und so der Kunstwelt zugänglich gemacht.
2019 wurde im Auftrag des KirchnerHAUS Museums Aschaffenburg der Innenraum des Sanatorium Brunnenturms dreidimensional erfasst und konnte so zentimetergenau nachgebildet werden. Dank der wieder entdeckten originalen Farbaufnahmen von 1926 wurden diese ein Jahr später vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg digitalisiert und an die Technische Hochschule Aschaffenburg weitergeleitet. Im digitalen Fotolabor der Hochschule wurden diese dann auf die Originalmaße vergrößert und farblich rekonstruiert.
Eine geniale Idee –
der KIRCHNER KUBUS
Im Laufe des Projektes entstand dann die Idee, den Innenraum des Brunnenturms mit Kirchners Wandtafeln nicht nur digital, sondern auch physisch zu rekonstruieren, also exakt nachzubauen. 2021 wurde der nachgebaute Brunnenturm, der „Kirchner Kubus“, mit Kirchners rekonstruiertem Wandgemäldezyklus von teils über vier Meter hohen Wandtafeln, in Aschaffenburg erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt.
2022 wurde besagter „Kirchner-Kubus“ als Ausstellung KIRCHNERS BADENDE. EINHEIT VON MENSCH UND NATUR auch in Königstein und im schweizerischen Davos ausgestellt, dort allerdings unter dem Namen FEHMARNSTRÄNDE IN DEN ALPEN.
Nach Beendigung dieser Ausstellungen und Demontage des „Kirchner-Kubus“ wurden nun diese fünf Wandtafeln international zum Verkauf angeboten. Dank eines großzügigen Spenders konnten nach intensiven Verhandlungen diese fünf Rekonstruktionen von diesem käuflich erworben und dem Ernst Ludwig Kirchner VereinFehmarn e.V. als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt werden.
Die Präsentation bzw. die Enthüllung dieser Wandtafeln erfolgte am 28. Juli 2023 durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther.
Kirchner-Kubus Aschaffenburg in Königstein im Taunus 2022
© Foto: Silvia Wolf-Möhn
Ministerpräsident besichtigt die Wandtafeln
und würdigt die Arbeit des Vereins
am 25.8.2023
Wir danken für den Besuch von MP Daniel Günther zur Ausstellungsbesichtigung „Die Badenden“ von Ernst Ludwig Kirchner an unserer Kinowand in Burg auf Fehmarn.
Die Wandtafeln am Burger Filmtheater sind eine freundliche Leihgabe
für den Verein seitens der Familie Hans Peter Jansen.
Projektumsetzung / V.i.S.d.P:
Ernst Ludwig Kirchner Fehmarn e.v.
1. Vorsitzender Hans Peter Jansen
2. Vorsitzender Thomas Hillebrand
Mitglied im Vorstand Doris Klemptner
Das Projekt konnte umgesetzt werden mit Sach – oder Geldspenden von
Fa. Hans-Peter Jansen, Kinobetriebe Burg Filmtheater
· Doris Klemptner, Unternehmensberatung
· Tourismus-Service Fehmarn
· Martina New, Burg Filmtheater – Eigentümer
· Von Schönfels GmbH, Fehmarn
· Hausmeister- u. Gartenservice A. Lafrentz
· VORANWERK, Büro für Design & Strategie
Herzlichen Dank für die freundliche Unterstützung
der TH Aschaffenburg und das KirchnerHAUS Aschaffenburg.
Jetzt Mitglied werden! Ab 30€ pro Jahr.
E. L. Kirchner-Dauerausstellung
Im Dachgeschoss der Stadtbücherei werden neben Rekonstruktionen einiger Fehmarnbilder Kirchners in Originalgröße auch Postkartenkopien, Fotos und Auszüge (Kopien) aus verschiedenen Skizzenbüchern des Künstlers ausgestellt.
Obergeschoss der Burger Stadtbücherei
Bahnhofstraße 47, 23769 Burg auf Fehmarn
Öffnungszeiten
Montag: 9:30 – 13:00 sowie 14:00 – 16:00 Uhr
Dienstag: 9:30 – 13:00 sowie 14:00 – 18:30 Uhr
Mittwoch: geschlossen Donnerstag: 9:30 – 13:00 sowie 14:00 – 18:30 Uhr
Freitag: 9:30 – 13:00 sowie 14:00 – 16:00 Uhr Sonnabend: geschlossen Sonntag: geschlossen
Kostenlose Führungen (entfallen zur Zeit aus personellen Gründen - stattfindende Termine entnehmen Sie bitte der örtlichen Presse)
In den Sommermonaten werden von Anfang Juli bis Ende September jeweils am Sonntagvormittag um 11:15 Uhr kostenlose Führungen angeboten (kostenlos und ohne Anmeldepflicht).
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